Polizei zwischen den Fronten!
Wenn unbescholtene Bürger auf die Straße gehen, um friedlich gegen staatlich verordnete Einschränkungen ihrer Grund- und Freiheitsrechte zu demonstrieren, nehmen sie ihr verfassungsrechtlich geschütztes Anrecht auf Versammlungsfreiheit wahr.
Dies unabhängig davon, ob ihre Ansichten dumm oder intelligent und ihre Forderungen falsch oder richtig sind!
Wenn dabei allerdings Gesetze/Verordnungen missachtet werden, gerät die Polizei schnell zwischen die Fronten. Denn einerseits ist sie vor Ort, um das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu gewährleisten, muss aber andererseits die Einhaltung dieser Regeln überwachen und ihre Durchsetzung sicherstellen.
Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit!
Die Polizei hat leider nicht wie ein Verfassungsgerichtshof die Zeit, um einwandfrei klären zu können, was rechtens ist und was nicht. Sie muss in der Situation sofort entscheiden, welche Maßnahmen zum Schutz von Rechtsgütern (Leben, Gesundheit, Eigentum…) gerade noch angemessen und daher legitim sind.
Dienstältere Polizeibedienstete wissen aus Erfahrung, dass hier eine gewisse Zurückhaltung selten ein Fehler ist. Salopp gesagt ist es in aller Regel weniger problematisch, ein allenfalls berechtigtes Zwangsmittel einmal nicht anzuwenden, als hinterher – nach eingehender juristischer/gerichtlicher Prüfung – dem Vorwurf überschießender Polizeigewalt ausgesetzt zu sein.
Im Spannungsfeld der politischen Zwiespältigkeit!
Aus jüngsten Erfahrungen wissen wir, wie schnell es gehen kann, dass der gesamte Polizeiapparat dem Vorwurf ausgesetzt wird, ein Problem mit struktureller Gewaltbereitschaft bis hin zu offenem Rassismus zu haben. Sogenannte „Berufsdemonstranten“, die etwa mit Bussen aus dem Ausland angekarrt werden, scheinen nicht selten darauf spezialisiert zu sein, die Polizei genau in dieses Licht zu rücken. Wenn beispielsweise nach einer „Klimademonstration“ Bilder und Videos, die mutmaßliche Polizeigewalt dokumentieren sollen, auftauchen, neigen manche Medien zu einer Vorverurteilung.
Just jene politischen Verantwortungsträger, welche die Polizei zwischen die Fronten (Demonstranten versus Gegendemonstranten / Freiheit des Einzelnen versus Schutz der Allgemeinheit / Wahrung der Grundrechte versus notwendiger Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung) geschickt haben, stellen sich dann aus politischer Räson plötzlich gegen die Polizei.
In der Folge werden Forderungen von einer Behörde gegen Polizeigewalt bis hin zu ihrer (zumindest teilweisen) Entwaffnung erhoben und ihre Umsetzung eingefordert. Dass man dabei den eigenen Staatsdienern in den Rücken fällt, wird lapidar damit begründet, dass es ja zum Besten der Polizei sei, wenn gewaltbereiten und rassistischen Polizeibediensteten der Garaus gemacht wird.
Demonstrationen plötzlich böse!
Aktuell haben Demonstranten statt Klimarettung oder dem Kampf gegen Rassismus nun die Coronakrise bzw. die Art ihrer politischen Bewältigung im Fokus. Die Regierung ist dabei wegen ihrer extrem restriktiven Maßnahmen in Verbindung mit zahlreichen Fehlleistungen selbst im Kreuzfeuer der Kritik. Pikanterweise wendet sich hier das Blatt der gesellschaftspolitischen Reaktionen radikal.
Medien wundern, ja ärgern sich plötzlich darüber, dass die Polizei nicht entschiedener gegen die Demonstranten vorgeht. Umgehend – noch bevor es Sachschäden oder gar Verletzte gibt – wird der Verfassungsschutz befasst, der feststellt, dass hier eine ernstzunehmende Bedrohung für die Staatssicherheit gegeben ist (Anmerkung: Übrigens genau jener Verfassungsschutz, der noch vor wenigen Monaten keine Bedrohung darin sah, dass ein entlassener IS-Anhänger Munition im Ausland kaufen wollte!). Da diese Demos vermutlich von Extremisten unterwandert seien und sich auch Berufsdemonstranten aus dem Ausland beteiligt hätten (gelernte PolizistInnen wissen, dass das nichts Neues ist), stellt er fest, dass sofort gehandelt werden muss. Die Politik sei demnach gefordert, wenn nicht gar gezwungen, über eine Einschränkung dieser Demonstrationen ja allenfalls ihr Verbot nachzudenken.
Gefährliches Spiel mit dem Feuer!
Demonstrationen notfalls mit Gewalt zu unterbinden hat historisch betrachtet fast immer zu massiven Kollateralschäden geführt. Derartige Szenarien sind unberechenbar und eskalieren extrem schnell. Zu friedlichen Demonstranten gesellen sich rasch gewaltbereite Extremisten, die wiederum einer härteren „Gangart“ des Rechtsstaats Vorschub leisten und die Spirale der Gewalt lässt sich nur mehr schwer stoppen.
Aber selbst wenn es gelingt, diese Entwicklung zu vermeiden, wird am Ende des Tages der Vorwurf im Raum stehen, dass die Polizei als willfähriger Erfüllungsgehilfe der Politik agiert habe. Sollte dann der Verfassungsgerichtshof noch feststellen, dass die „Übertretungen“ der Demonstranten eigentlich gar nicht rechtswidrig waren, ließe sich nur mehr ein trauriges Fazit ziehen:
Die Polizei wurde – in diesem Spiel mit dem Feuer – verheizt!
Euer Team der AUF/FEG